Die Kunst des Redens ist trainierbar. Essentiell dabei ist vor allem ein gutes Gefühl auf der Bühne. Im Interview mit dem WIFI Tirol erklärt Rhetorik-Akademie-Lehrgangsleiterin Andrea Köck auf was es ankommt:

Wie ist der Kurs aufgebaut, um aus den Teilnehmenden gute Rhetorikerinnen und Rhetoriker zu machen?

Wir haben die Rhetorik-Akademie auf einem nachhaltigen Prinzip mit ganz vielen Übungseinheiten aufgebaut, weshalb die Akademie auch ein gutes halbes Jahr dauert. Damit das Thema in die Persönlichkeit integriert werden kann und nicht künstlich oder aufgesetzt wirkt, muss eine Hürde überwunden werden, die eine gute Rhetorik unbewusst möglich macht – das braucht Zeit.

Die Rhetorik-Akademie ist sehr auf Praxis ausgelegt – gibt es dennoch theoretisches Wissen, das man sich aneignen muss?

Nicht wirklich – ich sag immer: „Reden lernen wir nicht indem wir Bücher oder Skripten lesen, sondern indem wir‘s tun“ – und das Tun wird bei uns ganz großgeschrieben.

Es gibt natürlich dennoch theoretischen Input in der Rhetorik-Akademie– aber dieser ist auf ein Minimum reduziert und umfasst nur die wichtigsten und aktuellsten Punkte – zum Beispiel wie Rhetorik gestaltet werden kann, damit sie auch wirkt.

Braucht es Talent, oder ist eine gute Rhetorik trainierbar?

Viele denken, dass gute Vortragende mit dem Talent dazu geboren wurden, doch dies ist ein großer Irrtum. Natürlich ist Talent immer von Vorteil, doch was eigentlich benötigt wird, ist Übung. Es geht im Prinzip darum, zu sich selbst ein gutes Verhältnis zu entwickeln. Ich muss die Situation mögen. Wenn ich es nicht mag vor Menschen zu reden – ganz egal wie groß das Publikum ist – werd‘ ich ein Problem haben. Und in der Rhetorik-Akademie geht es genau darum, solche Situationen mögen zu lernen.

Selbstbewusstsein, Sicherheit und vor allem ein gutes Gefühl in der gegebenen Situation sind der Schlüssel.

Was macht also gute Rhetorikerinnen und Rhetoriker aus?

Gute Rednerinnen und Redner gehen in Kontakt, bauen Beziehungen auf, präsentieren in einer logischen, nachvollziehbaren Struktur und gestalten das Ganze zusätzlich noch unterhaltsam für das Publikum. Es sind Menschen, die Klartext sprechen, auf den Punkt kommen, kurz, knapp und verständlich formulieren. Expertinnen und Experten erklären komplizierte Dinge einfach.

Es gehört auch dazu, eine gute Körpersprache zu haben und dazu zählt wortwörtlich einen guten Standpunkt zu haben. Es geht nicht darum zu schauspielern, sondern zu erkennen welche Körpersprache mich unbewusst beim Reden unterstützt – ohne Anstrengung. 100% wohl fühle ich mich, wenn es mir leichtfällt, wenn ich präsentieren kann und dabei das Gefühl habe, dass ich mit Freunden bei einem Kaffee sitze und einfach quatsche.

Haben Sie ein rhetorisches Vorbild oder eine Person, die Sie besonders faszinierend finden?

Nein – unter den Menschen gibt es viel zu viele Kopien und zu wenig Originale. Ich finde es viel spannender, die eigene Originalität zu finden. In der Akademie werden rhetorische Überraschungseier kreiert, die die Dinge anders machen als andere. Die kein Sehr geehrte Damen und Herren und kein Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit als Einstieg und Abschluss ihrer Präsentation bringen – das ist Standard. Wer gleich ist, ist austauschbar.

Es gibt keine Muster-Rhetorikerinnen und Rhetoriker, die man sich zum Vorbild nehmen sollte. Um authentisch zu reden, muss man seinen eigenen Stil finden. Wenn man den gefunden hat, sich stets treu bleibt und sich wohl fühlt, hat man es geschafft.

Warum fasziniert Sie die Rhetorik so und warum machen Sie, was Sie machen?

Ich hatte Rhetorikunterricht schon in der Schule und es hat mich von Anfang an gepackt. Ich finde es einfach schön mit Menschen in Kontakt zu kommen und Ihnen ein gutes Gefühl zu geben. Früher hatte ich genau die Probleme, die jetzt viele der Kursteilnehmenden haben: Ich hatte Lampenfieber, sobald ich vor Publikum sprechen musste. Mit der Zeit habe ich erkannt, dass man seine Ängste bekämpfen kann indem man sich ihnen stellt. Und genau das habe ich getan – ich habe angefangen Vorträge zu halten und die sich entwickelnden Erfolgsmomente haben meine Faszination für dieses Thema weiter verstärkt.

Wer kommt üblicherweise in die Rhetorik-Akademie? Sind das auch Menschen, die Angst davor haben vor Publikum zu sprechen?

Mehr oder weniger jeder. Die einen reden ganz offen über ihre Probleme, bei den anderen zeigt sich das erst später. Prinzipiell sind unsere Teilnehmenden sehr unterschiedlich: von Schülern, die sich auf mündliche Prüfungen vorbereiten bis hin zu Geschäftsleuten, Handwerkern oder Pensionisten.

Doch alle eint dasselbe: Das Wissen, wie wichtig Rhetorik einerseits für den beruflichen Erfolg und andererseits für das persönliche Wachsen ist.

Was wünschen Sie sich den Teilnehmenden mitgeben zu können? Ist es nicht utopisch aus allen die perfekten Rhetoriker zu machen?

Das wollen wir gar nicht. Perfektion ist der Feind des Guten. Sie sollen sich auf der Bühne wohl fühlen. Es soll ihnen eine Freude machen und diese Freude sollen die Teilnehmenden auch an das Publikum weitergeben können – dann war die Rhetorik-Akademie erfolgreich.

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